Erwartest du noch?

Vorhin habe ich auf der Pferdeweide Häufchen eingesammelt.

Warum erzähl ich dir das?

Weil mir, als ich die Tür zu den Jungs aufgemacht habe, ein Thema gezeigt wurde, das ich zuvor zwischen den Zeilen in einem Austausch wahrgenommen hatte.

Erwartungen.

Keine Pferde da. Sehr oft stehen sie in der Früh schon da und warten auf das wenige Futter in ihren Schüsselchen. Manchmal stehen sie morgens da und er-warten gefühlt nichts, manchmal stehen sie da und schauen mich mit „hungrigen“ Augen (sie haben immer Futter) an und manchmal stehen sie so nah am Zaun und fletschen die Zähne, dass ich mich kurz schlecht fühle, weil … ich ihnen Erwartungen angezüchtet habe. Für mich ist es angenehmer, wenn sie bei schlechtem Wetter oder wenn ich wenig Zeit habe, entweder schon da stehen in der Früh oder sie über die große Wiese gelaufen kommen (das machen sie auch ohne Futter, nur nicht immer), damit ich sehe, ob noch alle Augen und Beine dran sind. Ich habe ihnen, den Lebewesen in meiner Umgebung, Erwartungen angezüchtet. Find ich blöd. Trotzdem tue ich es in diesem Fall.

Wo also züchtest du deiner Umgebung Erwartungen an?
Wo übernimmst du die Erwartungen deines Umfelds?

Ich züchte mir auch mit meinen Gedanken eigene Erwartungen, wie die Welt zu sein oder nicht zu sein hat. Find ich genauso blöd, wie die Geschichte weiter zeigt. Das beende ich mittlerweile, sobald ich es bemerke. Sobald ich im Herz bin, gibt es sowieso keine Erwartungen.

Also keine Pferde da und der Hund ist schon auf die Koppel gelaufen und sammelt die Pferde ein. In meinem Kopf läuft ein Film von Pferdebein trifft Hundekopf, weil der Hund immer genau zu dem Pferd läuft, das ausschlägt, wenn er freudig zu den Hinterbeinen rennt. Beim vergangenen Mal waren es nur noch 5, vielleicht auch 10 cm, die gefehlt haben. Ich lauf mit meinen Schüsselchen hinterher. Was sehe ich? Friedlich galoppierende Tiere und kurz bevor sie bei mir ankommen, kommt das Hundegesicht sehr nah an das laufende Pferdebein. Ich merk, wie sich der Pferdekörper anspannt und beginnt, sich zum Ausschlagen zu formen. Ich spann mich an und denk sch*** und lass los. Lass meine Erwartungen los. Sowohl die Negativen als auch die Positiven. Das Pferd hat seine Beine bei sich behalten und der Hund noch alle Zähne im Maul.

Was wäre, wenn du all deine Erwartungen loslässt?

Erwartungen, wie etwas zu sein hat, damit es dir gut geht. Sobald du etwas erwartest, erfolgt automatisch Trennung. Trennung von dem, was du bist, Trennung von deiner Umgebung, weil du nur dann glücklich sein kannst, wenn sie das erfüllt, was du erwartest.

Was wäre, wenn du deine Schuldgefühle etc. loslässt, weil du genauso lebst, wie du jetzt gerade lebst und es nicht besser hinkriegst?

Und ja, es ist so abgedroschen, all deine Erwartungen aufzugeben.

Allerdings, was, wenn du alle Erwartungen aufgibst? Was, wenn du ab jetzt nichts mehr erwartest?

In diesem Moment nicht, im nächsten nicht und im nächsten nicht…

Traust du dich den Gedanken zu denken oder kommt da sofort ein ABER. Schon allein dieses ABER signalisiert, dass das, was vor dem aber kam, nicht gut war. Sprache ist ein mächtiger Schöpfer, ebenso sind es unsere Gedanken.

Warum lassen wir unablässig unsere Gedanken kreieren?
Warum lassen wir sie Angstmonster erschaffen?
Warum lassen wir zu, dass sie positive Dinge erdenken, von denen wir glauben, dass sie uns guttun, obwohl das Gegenteil der Fall ist?
Warum lassen wir sie Konstrukte erschaffen, die wir sowieso nicht erreichen, weil wir sie nicht wirklich wollen? Weil wir uns nicht trauen, sie zu wollen und anzunehmen.

Meiner Ansicht nach kommen die Gedanken, sobald wir in der Trennung sind. Wann sind wir in der Trennung? Wenn wir unablässig aus Mustern heraus tun und tun und tun und damit auf unsere innere Leere, unsere Unsicherheiten, unsere Ängste, unsere angeblichen Unzulänglichkeiten einen Deckel packen, damit wir nicht hinsehen und hinfühlen müssen.

Tun und Sein ist wichtig.

Für mich ist es die Balance in allem, das ist.

Was, wenn der Schlüssel darin liegt, das ewige Sein mit dem Tun zu verbinden?
Was, wenn wir das Tun aus dem Moment heraus entstehen lassen und dadurch kreieren? Was, wenn erst in der Verbindung des Augenblicks mit dem daraus resultierenden Handeln aus dem Herz/der Seele, was, wenn erst daraus das geboren wird, was einem jeden von uns individuell Heilung bringt und damit auch der Umgebung?
Was, wenn wir aufhören, das weibliche Sein vom männlichen Tun zu trennen?
Was, wenn wir es in jedem Einzelnen von uns verbinden?

Für mich entsteht daraus das Sein im ewigen Fluss des Lebens, aus dem wir spielerisch und wie von selbst tun und erschaffen. Aus der Trennung ist Verbindung geworden.

Unablässig zu tun, sich in Arbeit, Unterhaltung, Reisen, Suchtmittel etc. zu flüchten ist für mich genauso ein nicht hinsehen/hinfühlen wollen, wie sich den Rest des Lebens unter einen Baum in die Stille zu setzen. Das eine kann nur durch das andere wahrhaftig wirken. Für mich macht es die bewusste Mischung aus Sein und Tun und sich immer wieder aufs Neue dafür zu entscheiden, hinzusehen und hinzufühlen.

Raus aus den Erwartungen

Wir müssen raus aus den Erwartungen, unseren eigenen und aus denen anderer und die Erwartungen müssen raus aus uns.

Genauso müssen wir, meiner Ansicht nach, auch raus aus allen und damit meine ich allen, auch jenen, die uns eine Neue Welt versuchen zu erklären, Kategorisierungen, Vorgaben, Glaubenssätzen, Ritualen, denn nur jenseits von dem, was uns erzählt wird, kann jeder für sich seine Wahrheit und damit die Wahrheit seiner näheren Umgebung wissen und erschaffen.

Wir brauchen keine Systeme, weder alte und neue, keine Astrologen, keine Coaches, keine Gurus, keine Medien (also Zeitung und Channeling-Medien) befragen, die uns sagen, wie es geht. Wir dürfen uns im Austausch mit dem Leben befragen, wie wir es wollen. In jedem Einzelnen von uns liegt die Antwort. Nur aus den Antworten, die wir in uns finden, können wir wahrhaftig sein und erschaffen.

Ich höre mich ausschließlich, sobald ich im bewussten Sein und Tun bin.

Wann und wo hörst und fühlst du dich?

Responses

  1. Liebe Svenja. Hab ganz lieben Dank für diesen sehr authentischen Beitrag. Du sprichst ganz selbstverständlich vom “bewussten Sein” und da würde mich, damit keine Missverständnisse entstehen, sehr interessieren wie Du jenes für dich erlebst bzw. was Du darunter verstehst? Denn vermutlich ist dieser Begriff bei jedem Leser ganz individuell definiert? Zumal es inzwischen gar nicht mehr so viele Menschen zu geben scheint welche diese Bewusstseinsebene überhaupt kennen?

    In meinem Erleben liegt das bewusste Sein jenseits der Grenzen der personifizierten Identifikation des Bewusstseins mit dem Individuum. Eine ganze Zivilisation jedoch scheint in dieser Illusion gefangen zu sein? Der moderne Mensch ist aus der inneren Balance zwischen Innen und Außen gefallen, wodurch er die bewusste, selbstverständliche Wahrnehmung des inneren Universums verloren und sich in den unzähligen angebotenen Konzepten und Weltvorstellungen des Verstandes verirrt hat. Auch in den vermeintlich Spirituellen.

    Erst nach dem diese verloren gegangene innere Balance jedoch wieder hergestellt ist beginnt, aus meiner Wahrnehmung, der eigentliche Teil unserer Reise auf Erden. Als bewusst gewordenes, holistisch wahrnehmendes Individuum im Selbst. Und da bin ich dann ganz bei Deiner Aussage wenn Du schreibst, dass es die Kombination aus Tun (Ich) und Sein (Selbst) ist, welche wichtig ist um in der Balance zu verweilen und das entsprechende Potential zu entfalten.

    Herzlich,
    Michael

    1. Lieber Michael,

      herzlichen Dank für deine Beschreibung des bewussten Seins. Diese deckt sich ziemlich gut mit meiner. Für mich geht es im bewussten Sein darum, mein Inneres so wahrzunehmen, dass ich daraus agiere und nicht mehr von Aktionen im Außen getrieben werde und und auf diese reagiere. Genauso beinhaltet es für mich die Loslösung von meiner Person, was besonders hilfreich ist, sobald Emotionen kommen, damit ich merke, dass ich nicht diese Emotion bin, sondern draußen stehe, sie beobachte und mich von der Identifikation mit ihr löse. Und genauso löse ich mich dadurch von den Ereignissen um mich herum, denn die meisten davon würden auch passieren ohne mich. Deswegen gibt es keinen Grund auf welche Weise auch immer mit diesen in Interaktion zu treten bzw. sie an mir andocken zu lassen.

      Liebe Grüße,
      Svenja

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