Der Gescheckte hätte zwischen den Jahren eine weitere Geschichte bekommen sollen. Vor ziemlich genau einem Jahr gab es “Ein Lächeln für die Liebe” für ihn. Allerdings zeigt sich das Thema hinter dem, was er mir in diesem vergangenen Jahr vor Augen geführt hat, gerade so deutlich, dass ich mich bedingungslos in den Fluss gebe und schreibe. Und da merke ich, dass ich mir zwischen den Jahren ja wieder ein bis zwei Wochen bildschirmfrei verpasst habe und somit auch keine Zeit für eine weitere Geschichte wäre. Interessant, wie es so läuft, solange ich bedingungslos im Fluss bin und das nehme, was sich zeigt.
Bedingungslos annehmen
Ja, es geht um Bedingungslosigkeit. Ich dachte, ich hätte sie verstanden. So richtig aus dem Herzen heraus. Der Gescheckte, sein Name war Benjie, hat mir vergangenes Weihnachten darin die finale Aufgabe gestellt. Dachte ich zumindest. Als ich ihn 3 Tage nach Weihnachten zurück zu den Sternen schicken musste, hatte ich mich davor schon 6 Wochen in bedingungsloser Hingabe an alles, was damit verbunden ist, geübt. Fiel mir leicht, weil ich ja ein Hingabe-Profi bin. Ja, weil ich wusste, es ist so und ich kann es nicht ändern, dass er schwer krank ist. Also haben wir unsere letzten gemeinsamen Tage genossen.
Aufgaben annehmen
Im ersten und einzigen Tiergespräch, das ich mit ihm ein paar Jahre davor machen habe lassen, sprach er von einer Aufgabe, die er für mich hat. Haha, eine. Unzählige. Die Liebe, die wir „lernen” können (davon erzählt “Ein Lächeln für die Liebe”). Wie es sein muss, wenn sich Eltern trennen und in ihren Kindern den Ex-Partner sehen. Benjie war ein Trennungspferd und ja, ich habe am Anfang oft meinen Ex-Partner in ihm gesehen, weil er es damals als Erster angesprochen hatte, Benjie auch ein Zuhause zu geben. Neben einigen kleineren Dingen war da noch die bedingungslose Annahme von allem, was ist, die er in mir überprüft hat. Ich dachte, ich hätte es mit seinem Tod verstanden und ganz wichtig gefühlt. Das habe ich auch und hatte ich auch davor bereits, allerdings nur halb oder dreiviertel oder wie viel auch immer davon.
Weise Seelen, klugscheißende Tiere und das Ego
Vor ein paar Tagen habe ich gemerkt, dass ich es sowas von nicht verstanden hatte, was es heißt, bedingungslos anzunehmen. Wobei, verstanden und gefühlt hatte ich es schon, nur gelang es mir komischerweise in dieser einen Sache nicht so ganz.
Vor einigen Wochen hatte mir ohne erkennbaren Zusammenhang eine weise Seele (ein klugscheißender Hund) gesagt, wir, also auch ich, hätten die bedingungslose Liebe nicht verstanden.
Ohooo…willkommen liebes Ego, lange nicht mehr gesehen. Das hat eingeschlagen. Ich habe es abgetan, denn auch ein weiser Hund kann sich mal irren. Anscheinend nicht…
Einen ganzen Tag habe ich damit verbracht, das Thema von vor ein paar Tagen hin und her zu wälzen, zu denken, zu fühlen. Woher kommt mein Widerstand? Was hakt da so? Warum kann ich es nicht wie gewohnt annehmen und durchfließen lassen?
Werte
Weil es mit meinen Werten kollidiert. Hat diese Erkenntnis es leichter gemacht und durchfließen lassen?
Nein. Ganz im Gegenteil, es machte die Situation noch unannehmbarer. Wie kann ich etwas annehmen, das nicht mit meinen Werten zu vereinbaren ist?
Meine Werte standen im Norden, das Thema im Süden, ich in der Mitte und ich hatte keinen blassen Schimmer, wie ich diese drei Sachen wieder miteinander verbinden sollte. Herz öffnen hat nicht funktioniert, es war bereits offen. Es ging nämlich gar nicht erst zu.
Ein offenes Herz und es fließt nicht? Wie geht das denn war die nächste Frage, die sich mir stellte. Darauf habe ich keine Antwort gefunden, deswegen habe ich diese Diskrepanz akzeptiert. Also ich habe angenommen, dass in mir etwas nicht zu Vereinbarendes existiert und damit habe ich wieder, ja was habe ich?
Angenommen. Angenommen, was ist.
Ist es durchgeflossen?
Nein. Der Fluss kam allerdings zögerlich wieder in Gang und hat mich wieder zu dem Thema Werte gebracht.
Meine Werte standen mir im Weg, etwas anzunehmen, das ist, wie es ist. Etwas, das ich grade nicht ändern kann. Etwas, das im Außen aus Mustern entstanden ist. Und wir alle agieren aus Mustern heraus, auch wenn wir es möglicherweise gar nicht so wollen, wie es am Ende rauskommt. Das kann ich annehmen. Ja, fein säuberlich trennen kann ich es von Situationen, Menschen und Seelen. Ich kann nicht alles gutheißen und das muss ich auch nicht. Allerdings kann ich es annehmen, weil ich weiß, wir handeln alle immer Mal wieder aus lange eingeübten Mustern heraus. Und jetzt, jetzt stehen da irgendwelche komischen Werte, die meinem Annehmen im Weg stehen und mein Annehmen verhindern. Also sie haben das Annehmen der Situation ja nicht verhindert, weil ich die Situation ja angenommen hatte, allerdings haben sie einen unüberwindbaren Abgrund in meinem Verstand und wohl auch in meinem Herz gebaut, sodass der Fluss ins Stocken geraten ist. Je mehr ich hingeschaut habe, desto größer wurden die Gräben.
Und dann habe ich mich gefragt, was wäre, wenn ich meine Werte über den Haufen werfe?
Geht gar nicht.
Was wäre, wenn ich meine Werte über den Haufen werfe, weil ich weiß, wenn wir immer, oft, manchmal aus Mustern heraus handeln und mich das trifft und ich das weiß?
Dann ist es mir unmöglich, auf meinen Werten zu beharren. Dann gibt es keine Werte mehr, weil ich alles annehme, wie es ist.
Foto (c) up-photo&film
Responses
Wunderbarer Artikel liebe Svenja. Ich fühle mit Deinem Text den Tanz der Mitte – im Leben, welches sich ständig und immer bewegt, immer wieder die Balance zwischen Hingabe und Aktion zu finden bzw davon gefunden zu werden – die Kunst des Seins. Und doch auch keine Kunst, denn die Einfachheit dessen was darin liegt ist uns ja angeboren, da kannten wir noch keine Werte und waren dennoch Liebe. Unser wahres Sein kennt in sich selbst keine Anstrengung und braucht ja keine Werte… wie ich es auch wahrnehme ergibt sich aus jedem Moment heraus mit offenen/m Herzen die Lebendigkeit und Liebe ganz von selbst neu, sodass hingegen unsere Werte eine starre Fiktion unseres Verstandes zu sein scheinen. Ein Tanz 🙂 <3
“Was wäre, wenn ich meine Werte über den Haufen werfe, weil ich weiß, wenn wir immer, oft, manchmal aus Mustern heraus handeln und mich das trifft und ich das weiß?” Was meinst Du genau damit?
“die Einfachheit dessen was darin liegt ist uns ja angeboren” und “Unser wahres Sein kennt in sich selbst keine Anstrengung”. Ja, daran dürfen wir uns wieder erinnern 🙂
“Was wäre, wenn ich meine Werte über den Haufen werfe, weil ich weiß, wenn wir immer, oft, manchmal aus Mustern heraus handeln und mich das trifft und ich das weiß?” Was meinst Du genau damit?
Sobald ich weiß, dass wir, wenn wir getriggert werden aus (ungesunden) Mustern heraus handeln und unser Gegenüber das auch tut, dann braucht der Verstand für uns keine Werte erzeugen, die uns schützen. Dann ist es einfach. Die Handlung. Die Handlung ist dann neutral.